R-9 Latrine im Kastell

Das stille? Örtchen


Die Latrine im Kastell Großkrotzenburg


Latrine im römischen Gutshof »Haselburg« in Höchst-Hummetroth (Odenwald)

In Städten gab es neben Toiletten in Privathäusern zahlreiche große Latrinen (latrinae, foricae), die gebührenpflichtig waren. Zudem wurden kostenfreie Gefäße benutzt, die auf den Straßen

aufgestellt waren. Waren sie voll, wurden sie von Urinsammlern abgeholt, die sie zu den Gerbereien, Stoffwalkern oder Wäschereien brachten, denn Harnstoff hat reinigende Wirkung.

Wer »musste« und es sich leisten konnte, besuchte eine Latrine. In Pompeji sind diesbezügliche an die Häuserwände gemalte Werbeslogans der Latrinenpächter noch zu lesen:

1881 wurde hier ein 7,3 x 10,2 m großes Gebäude untersucht,

dessen Südseite an die Kastellmauer anschloss. Unter dem Bau verlief ein gemauerter Kanal, der unter der Kastellmauer hinaus Richtung Main entwässerte. Vielleicht war das Gebäude eine Latrine, die ihr Wasser aus dem die Lagerringstraße (via sagularis)

begleitenden Abwasserkanal erhielt und so die Fäkalien in den Main spülte. Unmittelbar an die Kastellmauern angebaute Mannschaftstoiletten sind aus anderen römischen Kastellen

bekannt. Die Kommandanten und die Offiziere hatten ihre Einzeltoiletten dagegen in ihren Unterkünften.

Römische Toiletten bestanden, je nach Anzahl der Sitzplätze, aus einer mehr oder weniger langen Bank mit der menschlichen Anatomie angepassten Öffnungen, die mit hölzernen oder steinernen Sitzen versehen waren.


»Cacator cave malum! Aut si contempseris, habeas Jovem iratum!« –

»Hüte Dich, auf die Straße zu kacken! Sonst wird Dich Jupiters Zorn treffen!«

In großen Latrinen konnten ca. 80 Menschen Platz finden, die ohne Abtrennung nebeneinander saßen. So traf man sich in geselliger Runde, und das stille Örtchen war gar nicht so still. Denn hier wurde neueste Tratsch der Stadt ausgetauscht, das eine oder andere Geschäft abgeschlossen, während man »sein Geschäft machte«, und Verabredungen getroffen. So schreibt der römische Dichter Martial (40–104 n. Chr.) über einen Zeitgenossen namens Vacerra, der es darauf anlegte, von Latrinen-Bekanntschaften zum Essen eingeladen zu werden. »Warum Vacerra überall auf dem Abort die Stunden zubringt und den ganzen Tag dort sitzt?«

»Cenaturit Vacerra, non cacaturit!« – »Essen möchte Vacerra, nicht kacken!«


Geld stinkt nicht!


Kaiser Vespasian (69–79 n. Chr.), erkannte im Urinsammeln eine dauerhafte Einnahmequelle und erhob darauf eine neue Steuer, die er vor seinem Sohn, dem späteren Kaiser Titus (79–81 n. Chr.), rechtfertigte.

Er hielt diesem angeblich Geld aus den ersten Einnahmen unter die Nase und fragte, ob der Geruch ihn störe. Als Titus verneinte, soll er geantwortet haben: »Und doch kommt es vom Urin!«

Neben diesem bei uns bis heute daraus abgeleiteten, geflügelten Wort »Geld stinkt nicht« für Einnahmen aus zweifelhaften Geschäften, hat die Geschichte auch in anderen Ländern nachhaltige Wirkung hinterlassen.

So heißen in Frankreich die kopf- und fußfreien Pissoirs nach dem römischen Kaiser: »Vespasiennes« und auch in Italien werden öffentliche Toiletten »Vespasiani« genannt.

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